Zwangsversteigerung: Schnäppchen-Haus oder Risiko?

Eine Zwangsversteigerung ist für viele Menschen die ideale Gelegenheit, eine Immobilie unter Verkehrswert zu kaufen. Damit Sie wissen, worauf Sie bei einer Zwangsversteigerung achten müssen, haben wir alle wichtigen Informationen für Sie zusammengetragen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Günstige Kaufoption, da Immobilien unter dem Verkehrswert angeboten werden und Nebenkosten wie Makler- und Notargebühren wegfallen.
  • Risikoreicher Immobilienkauf, da Besichtigungen nur eingeschränkt möglich sind, Gutachten unvollständig sein können und es keine Haftung oder Gewährleistung beim Kauf gibt.
  • Käufer übernehmen alle bestehenden Verpflichtungen der Immobilie wie Grundschulden oder Mietverträge.

Erklärung

Zwangsversteigerung – Was ist das?

Eine Zwangsversteigerung ist für Immobilienkäufer die Gelegenheit, günstig an ein Eigenheim zu kommen. Bei der öffentlichen Auktion werden Häuser, Grundstücke oder andere Immobilien versteigert, um die Schulden des Eigentümers zu tilgen. Grundlage für das Zwangsversteigerungsverfahren ist das Gesetz für Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG), das Gläubiger staatlich unterstützt, ihre Ansprüche durchzusetzen.

Wie kommt es zur Zwangsversteigerung?

Wenn sich die Lebensumstände verändern und Immobilienbesitzer Raten nicht mehr zahlen können, kann es zur Zwangsversteigerung kommen. Weitere Gründe sind Scheidungen, private Insolvenzen, der Verlust des Jobs, Krankheiten, Arbeitsunfähigkeiten, Streitigkeiten oder offene Schulden. Trotz der Veräußerung der Immobilie sind Zwangsversteigerungen für die Eigentümer häufig mit finanziellen Einbußen verbunden. Als Kaufinteressent hingegen kaufen Sie unter günstigen Umständen eine Immobilie zum Schnäppchenpreis.

Unser Tipp, um sich vor einer Zwangsversteigerung zu schützen:

Kalkulieren Sie bereits bei der Planung Ihrer Immobilienfinanzierung mögliche Szenarien wie Arbeitslosigkeit ein und schließen Sie entsprechende Versicherungen ab, die im Notfall offene Raten abfangen. Machen Sie sich zudem frühzeitig Gedanken, wie eine Anschlussfinanzierung nach der Zinsbindungsfrist aussieht. Sollten Sie dennoch in Zahlungsverzug kommen, suchen Sie schnellstmöglich das Gespräch mit den Gläubigern, um eine Lösung zu finden. Ein regulärer privater Hausverkauf kann ebenfalls eine Lösung sein, um das Versteigerungsverfahren zu umgehen.

Kosten sparen

Chance für Immobilienkäufer

Für Kaufinteressenten sind Zwangsversteigerungen meistens attraktiv, weil sie Bestandsimmobilien oft unter dem Verkehrswert kaufen können. Zudem profitieren Käufer von reduzierten Nebenkosten, denn die Maklergebühr und der Notartermin mit den Notarkosten fallen weg. Bevor Sie Ihr Haus bei einer Zwangsversteigerung kaufen, empfehlen wir Ihnen, sich eine Versteigerung anzuschauen, damit Sie wissen, was Sie erwartet. Auf der Website des ZVG-Portals sind Termine für Versteigerungen ersichtlich. Zudem stellen dort viele Amtsgerichte Gutachten, Grundbuchauszüge, Exposés und Fotos von den aktuellen Objekten zum Download bereit.

Was ist der Verkehrswert?

Laut Erklärung in §194 Baugesetzbuch (BauGB) definiert der Verkehrswert den Preis einer Immobilie, der auf dem freien Markt unter normalen Geschäftsbeziehungen realistisch ist.

Vorbereitung

So funktioniert eine Zwangsversteigerung

Der Gläubiger, meistens die finanzierende Bank, beantragt bei Zahlungsunfähigkeit der Eigentümer die Zwangsversteigerung des Hauses. Bei Erbstreitigkeiten oder Scheidungen können Miteigentümer eine Teilungsversteigerung beantragen. Ist diese genehmigt, wird die Versteigerung vorbereitet.
 
Ist eine Zwangsversteigerung die Möglichkeit das eigene Haus mit Garten zu verwirklichen?

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Verkehrswert und Gutachten

Das Gericht beauftragt einen Gutachter zur Bestimmung des Verkehrswerts. Dieses Verkehrswertgutachten gibt Auskunft über Zustand, Lage und mögliche Belastungen der Immobilie. Das Gutachten können Interessenten sich beim Vollstreckungsgericht anschauen. Mit einer Einwilligung des Eigentümers ist in manchen Fällen sogar eine Innenbesichtigung der Immobilie möglich.

Versteigerungstermin

Die Termine zu den Versteigerungen finden Sie im ZVG-Portal oder bei den zuständigen Amtsgerichten. Der Versteigerungstermin startet mit der Bekanntgabe des Verkehrswerts, Versteigerungsbedingungen, bestehenden Rechten (z. B. Wohnrechte oder Grundbuchlasten) und dem geringsten Gebot.

Bietphase

Im Anschluss findet die mindestens 30 Minuten dauernde Bietphase statt. Bieter müssen vor der Versteigerung Ihre Ausweise vorlegen und im Falle des Zuschlags eine Sicherheitsleistung von 10 % des Verkehrswerts bereithalten. Die Sicherheitsleistung kann eine Überweisung oder eine Bankbürgschaft sein.

Was ist der Verkehrswert?

Der Höchstbietende erhält den Zuschlag und wird zum rechtlichen Eigentümer, wenn das Gebot mindestens 50 % des Verkehrswerts abdeckt. Denn bei Geboten unter 50 % des Verkehrswerts wird der Zuschlag zwingend versagt. Liegen die Gebote bei unter 70 % des Verkehrswerts, kann der Gläubiger den Zuschlag verweigern lassen.

Wichtig zu wissen: Mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses durch das Gericht wird der Meistbietende neuer Eigentümer (§90 ZVG). Nutzung, Lasten und Gefahren gehen mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses auf den Meistbietenden als neuen Eigentümer über (§56 ZVG).

Nach der Zwangsversteigerung

Ist der Zuschlag erteilt, muss das Gebot innerhalb weniger Wochen an die zuständige Landesoberkasse überwiesen werden. Mit dem Zuschlag ist man Eigentümer des Hauses und dazu verpflichtet, für folgende Kosten aufzukommen: Gerichtskosten, Gebühren für die Grundbucheintragung, Grunderwerbssteuer und öffentliche Lasten wie die Grundsteuer.

Außerdem legt das Amtsgericht einen Verteilungstermin fest, um den Erlös aus der Zwangsversteigerung an den oder die Gläubiger zu verteilen.

Risiko oder Preisvorteil

Risiken, Vor- und Nachteile einer Zwangsversteigerung

Als Käufer können Sie bei einer Zwangsversteigerung viel Geld sparen, da die Möglichkeit besteht, Bestandsimmobilien unter ihrem Verkehrswert zu erwerben. Zudem fallen Teile der Kaufnebenkosten weg. Neben dem Preisvorteil haben Zwangsversteigerungen ebenfalls Schattenseiten und mögliche Risiken, die Sie vor dem Kauf beachten sollten.

Unvollständige Gutachten

Das Verkehrswertgutachten bezieht sich nur auf den Wert der Immobilie und lässt wichtige Informationen für den Käufer wie Baumängel, Schimmelbefall, Wasserschäden oder fehlende Baugenehmigungen aus. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der Eigentümer den Gutachter nicht ins Haus lässt und das Gutachten somit ungenau ist. Da niemand die Haftung oder Gewährleistung bei einer Zwangsversteigerung übernimmt, können Käufer nicht vom Kauf zurücktreten oder nachträglich den Preis mindern. Zudem übernehmen Käufer direkt alle Rechte und Pflichten der Immobilie, wie eventuelle Grundschulden oder Mietverträge.

Vandalismus und Zwangsräumung

Der Kauf eines Hauses ist mit vielen Emotionen, Träumen und Wünschen verbunden. Platzen diese, kann es passieren, dass Vorbesitzer die Immobilie nicht freiwillig verlassen wollen oder Teile mutwillig zerstören. Im schlimmsten Fall müssen Sie eine Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher beantragen, die Zeit, Geld und Nerven kostet.

Vor- und Nachteile im Überblick


Vorteile

  • Günstiger Kaufpreis
  • Keine Gebühr für Makler und Gutachter
  • Zuschlagsgebühr statt teuren Notarkosten

Nachteile

  • Eventuell keine Besichtigung möglich
  • Ungenaues Gutachten und fehlende Informationen  
  • Keine Haftung, keine Gewährleistung
  • Übernahme von Pflichten wie Grundschulden oder Mietverträge
  • Ggf. Zwangsräumung des alten Eigentümers

Wissen

Gut informiert zur Zwangsversteigerung für Ihr Haus

Der wichtigste Schritt für eine erfolgreiche Zwangsversteigerung ist, dass Sie sich sorgfältig über das Zwangsversteigerungsverfahren und die Immobilie informieren. Machen Sie sich klar, wie Ihre Immobilie aussehen soll, welches Budget Sie haben und wie hoch eine Finanzierung sein kann. Setzten Sie sich unbedingt ein Limit, welches Sie nicht überschreiten. Um ein Gefühl für den Ablauf einer Versteigerung zu bekommen, empfehlen wir Ihnen, sich Versteigerungen als Zuschauer anzusehen. Bedenken Sie, dass die mündlichen Gebote rechtskräftig sind. Bieten Sie nur, wenn Sie sich sicher sind.  

Maklersuche

Ihr Weg zum Traumhaus

Eine Zwangsversteigerung für Häuser kann eine Möglichkeit sein, das eigene Traumhaus zum Schnäppchenpreis zu kaufen, birgt aber gewisse Risiken. Gerne unterstützen unsere Makler und Maklerinnen Sie bei der Suche nach einer passenden Immobilie – ganz ohne die Risiken einer Zwangsversteigerung.  

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FAQ Zwangsversteigerung

Welche Dokumente benötige ich, um an einer Zwangsversteigerung teilzunehmen?

Um an einer Zwangsversteigerung teilzunehmen, benötigen Sie einen gültigen Personalausweis oder Reisepass. Für Gebote im Auftrag Dritter ist zudem eine notariell beglaubigte Vollmacht erforderlich. Denken Sie außerdem an die Sicherheitsleistung in Höhe von 10 % des Verkehrswertes als Banküberweisung oder Bankbürgschaft.


Wie erfahre ich von bevorstehenden Zwangsversteigerungen in meiner Region?

Informationen zu bevorstehenden Zwangsversteigerungen finden Sie auf Plattformen wie dem ZVG-Portal oder auf den Websites der zuständigen Amtsgerichte. Aushänge an den Gerichtsstandorten oder regionale Zeitungsanzeigen machen ebenfalls auf Zwangsversteigerungen aufmerksam.


Wie lange dauert es, bis ein Haus zwangsversteigert wird?

Der Zeitraum bis zur Zwangsversteigerung variiert stark, abhängig von der Dauer des Antragsverfahrens und möglichen rechtlichen Verzögerungen. Bis der Verhandlungstermin festgelegt wird, können einige Monate bis zu mehreren Jahren vergehen.


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Wichtiger Hinweis: Die vorangehenden Texte dienen der ersten Information und  Orientierung. Sie sind keine Rechtsberatung und ersetzen nicht die Fachberatung durch einen Notar oder Anwalt.